SVS282 - Eine 5 Megapixel Farbkamera zur Aufnahme hochauflösender Grauwertbilder
Mit einer Auflösung von 2580x1944 Pixeln ist die SVS282 der Firma SVS-Vistek eine der
höchstauflösenden Farbkameras auf dem Markt. Die maximale Bildrate beträgt 5
Vollbilder/Sekunde. Da die Kamera im Interlaced-Modus arbeitet, kann man auch wahlweise
bei halber vertikaler Auflösung von 2580x972 Pixeln mit 10 Bildern/Sekunde arbeiten.
Flächenkameras vergleichbarer Auflösung für den Grauwert-Meßtechnikbereich sind
normalerweise in einem wesentlich höheren Preisbereich angesiedelt. Ziel der vorliegenden
Studie war daher, herauszufinden, ob die SVS282 für die Aufnahme von Grauwertbildern
bei voller Auflösung geeignet ist. Der in der SVS282 eingebaute Sensor ist ein Sony
ICX282 CCD-Sensor mit einem sogenannten Bayer-Mosaik-Filter. Hierbei wird jeder einzelne
Bildpunkt über einen speziellen aufgesetzten Farbfilter einer Spektralgrundfarbe
(Rot, Grün, Blau) zugeordnet. Die Verteilung der Filter ist ein wenig dem menschlichen
Sehsystem angepaßt, d. h. man erhält eine höhere Auflösung im grünen Spektralbereich
und eine niedrige im Rot- und Blaubereich:
Das resultierende Farbbild wird dann normalerweise über eine Interpolation erstellt,
d. h. für jeden einzel Pixel werden die fehlenden Farbanteile durch eine Interpolation
der jeweiligen Nachbarpixel zusammengefügt. Die endgültige Auflösung des resultierenden
Farbbildes hängt stark von den verwendeten Interpolationsverfahren ab, kann aber in der
Regel kaum besser sein als die halbe Pixelauflösung des Bildsensors. Bei den vorhandenen
5 Millionen Pixeln erhält man also ein Bild mit einer Auflösung von etwa 2.5 Millionen,
bestenfalls 3 Millionen Pixeln, immerhin ein sehr ordentlicher Wert. Bestimmte
Eigenschaften des Mosaik-Farbfilters lassen nun den Schluß zu, daß unter bestimmten
Bedingungen Grauwertbilder mit voller Auflösung von 5 Millionen Pixel erzeugt werden
können:
1. Rekonstruktion des Grauwertbildes bei monochromen Bildszenen
Wenn monochrome Bildszenen oder besser reine Grauwertszenen untersucht werden sollen
und wenn eine geeignete ebenfalls monochrome Lichtquelle oder wahlweise eine Lichtquelle
mit gleichmäßiger spektraler Verteilung (z. B. Tageslicht) zur Verfügung steht, so kann
der Einfluß der einzelnen Pixel-Farbfilter als linearer Filtervorgang angesehen werden,
der mittels Offset-Verschiebung und Verstärkungsrekonstruktion rückgängig gemacht werden
kann. In der Studie haben sich dabei folgende Werte für Offset und Gain (Verstärkung)
als geeignet erwiesen:
Rot: Gain = 1.0 Offset = 0
Grün: Gain = 1.26 Offset = 0 (Alle Werte für reine Grauwertszenen und Tageslicht)
Blau: Gain = 2.4 Offset = 0
Wenn alle Bildpunkte mit diesen Verstärkungsfaktoren multipliziert werden, so entsteht
ein Grauwertbild mit voller Auflösung, in dem man das Bayer-Mosaik nicht mehr erkennen
kann. Man könnte wohl einwenden, daß bei allen blau gefilterten Pixeln bei einer
Verstärkung von 2.4 das immer vorhandene Bildrauschen überproportional mitverstärkt
würde. Bei guter Beleuchtung kann dieses Problem jedoch in der Regel vernachlässigt
werden. Der Nachteil dieser Methode ist sofort zu sehen, wenn verschiedenfarbige
Flächen ins Bild kommen: hier ist die Filterwirkung in Verbindung mit der spektralen
Ausleuchtung nicht mehr linear und es lassen sich keine eindeutigen Rekonstruktionsfaktoren
mehr definieren.
2. Umgehung der Bayer-Mosaik-Filter durch Infrarotlichtquelle
Wenn eine starke Infrarotlichtquelle für den nahen Infrarotbereich, z. B. 800 bis 1200 nm,
zur Verfügung steht, dann kann man mittels eines IR-Durchlaßfilters auf dem Kameraobjektiv
den kompletten sichtbaren Lichtspektralbereich wegfiltern. Der CCD-Sensor hat im infraroten
Bereich eine sehr gute Empfindlichkeit, sodaß dieser Bereich sehr gut zur Bildaufnahme
geeignet ist. Zur Filterung kann etwa der IR-Filter von Kodak Nr. 87C oder der B+W Filter
93 benutzt werden. Empfohlen, jedoch nicht getestet sind auch die Filter Schott KG3 oder
B+W 489. Die auf den einzelnen Bildpunkten des CCD-Sensors aufgebrachten Farbfilter öffnen
nun im infraroten Bereich beinahe wieder vollständig, d. h. ihre Wirkung ist hier praktisch
nicht mehr vorhanden. Im nahen infraroten Bereich verhält sich die Kamera also wie eine
Grauwertkamera mit 5 Millionen Pixeln! Das ganze funktioniert sogar für farbige Bildszenen.
Hier muß man jedoch beachten, daß unterschiedliche Farben und Helligkeiten im nahen
Infrarot sehr unterschiedlich reflektieren. Unterschiedliche Farbflächen, die bei normalem
Licht mit einer S/W-Kamera die gleiche Helligkeit hatten, weisen im Infraroten
möglicherweise völlig unterschiedliche Grauwerte auf. Dunkelgrüne Pflanzenblätter können
sehr starke Reflektoren von infrarotem Licht sein und erscheinen im Bild sehr hell.
Dieses Phänomen darf man jedoch nicht mit der Eigenschaft eines Wärmebildes verwechseln,
das weit jenseits des nahen Infrarotbereiches abgestrahlte Wärmestrahlung aufnimmt. Mittels
einer Kalibrierung, die mit Hilfe von Grauwert- oder Farbtestkarten durchgeführt wird,
sollte jedoch trotzdem eine quantitative Auswertung möglich sein. Da die Wirkung der
Mosaikfilter nicht vollständig aufgehoben ist, muß man die einzelnen Farbpixel jedoch
trotzdem mit kleinen Korrekturfaktoren multiplizieren. Diese sind für die bei der Studie
vorhandenen Optik und Beleuchtung folgendermaßen definiert (Es kann sinnvoll sein, mit der
jeweils benutzten Kamera einige Tests durchzufuehren, um die optimalen Werte zu finden):
Rot: Gain = 1.0
Grün: Gain = 1.06 (Werte gelten für eine sehr breitbandige Licht/Wärmequelle von ca 0.5 bis 15um)
Blau: Gain = 1.0
Ergebnis der Untersuchung
Bild 1: Linienbild zum Test der 5 Megapixelauflösung, hier ein um den Faktor 2 vergrößerter
Ausschnitt
Für Bild 1 ist ein Schwarz/Weiß-Linientestbild mit unterschiedlicher Linienfrequenz
aufgenommen worden und zur deutlicheren Darstellung um den Faktor 2 vergrößert worden.
Auf der rechten Seite des Bildes sieht man drei Streifen mit feinen Linien.
Die höchste vorkommende Ortsfrequenz (linker Streifen) entspricht dabei ziemlich genau
der horizontalen Bildauflösung, d. h. ein Pixel ist hell, der nächste dunkel, der nächste
wieder hell, usw. Dies ist die absolut höchste Frequenz, die mit einer digitalen Kamera
aufgenommen werden kann. Tatsächlich darf diese Ortsfrequenz niemals verwendet werden:
wenn man das Bild nur um einen halben Pixel verschiebt, werden alle Pixel ein mittleres
Grau aufweisen und keinerlei Linenmuster ist mehr sichtbar. Hier greift das Nyquist- oder
Shannon-Abtastkriterium. Es besagt, daß die höchste im Bild vorkommende
Hell-Dunkel-Frequenz höchstens der halben Abtastfrequenz entsprechen darf. Andernfalls
kann tatsächlich völliger Unsinn entstehen und man sieht wichtige Bildstrukturen entweder
nicht mehr oder man sieht sogar Strukturen, die überhaupt nicht vorhanden sind (Moiré
Muster). An dem extremen Beispiel kann jedoch - natürlich erst nach entsprechender
Vergrößerung des Bildes - sehr deutlich gesehen werden, daß die Kamera tatsächlich in
der Lage ist, die Linien mit höchster Ortsfrequenz noch darzustellen. Damit liegt die
Grenzauflösung für Grauwertbilder bei Infrarotbeleuchtung und IR-Durchgangsfilter
tatsächlich bei der internen Sensorauflösung von 2580x1944 Bildpunkten! Es ist hierbei
zusätzlich zu beachten, daß bei diesen hohen Auflösungen extrem gute Optiken verwendet
werden müssen. Man bedenke: über eine Sensorbreite von weniger als 9mm erhält man 2580
Bildunkte. Das wären auf Kleinbildgröße mit 36mm Breite umgerechnet sogar 10600 Bildpunkte,
ein phantastischer Wert, den kein normaler Kleinbildfilm mehr hergibt und für den daher
auch kein Kleinbildobjektiv mehr ausgelegt wird! Und übliche Videoobjektive schon gar
nicht... Dieser Wert entspricht 294 Punkten/mm oder dem in der Filmindustrie üblicheren
Maß von 147 Linienpaaren/mm. Gute Kleinbildobjektive können gerade einmal 100 Paare/mm
auflösen. Für die Studie wurde ein sicherlich sehr gutes 50mm Olympus Zuiko-Makroobjektiv
verwendet. Trotzdem ist es für diese Aufgabe deutlich überfordert. Damit kann der recht
mäßige Kontrast zwischen dunklen und hellen Linien im Testbild erklärt werden. Erst bei
wesentlich breiteren Linien im Bild steigt der Kontrast dann wie erwartet deutlich an.
In Bild 1a ist mit 1600x700 Pixeln ein wesentlich größerer Ausschnitt des Bildes zu sehen.
Zum Abschluß soll nun in den Bildern 2 und 3 eine Pantone-Farbtafel gezeigt werden,
mit der das seltsame Reflektionsverhalten von Farbflächen im Infrarotbereich
dargestellt ist: Bild 2 ist das mit der SVS282 bei normalem Halogenlicht aufgenommene
Originalfarbbild, Bild 3 das im Infrarotlicht mit IR-Durchgangsfilter aufgenommene
Grauwertbild. Zuerst fällt im Grauwertbild die wesentlich höhere Auflösung auf: im
Gegensatz zum Farbbild mußte hier ja nicht interpoliert werden. Als nächstes sieht
man die sehr unterschiedlichen Grauwerte der Farbflächen, die absolut nicht mehr auf
Farbe oder Farbhelligkeit schließen lassen. Wie bereits erwähnt kann dies in vielen
Fällen über bestimmte Farbtabellen kompensiert werden. Am sinnvollsten ist diese Methode
jedoch anzuwenden, wenn lediglich Helligkeitsunterschiede des jeweils gleichen Farbtones
vermessen werden sollen.
Wegen der Größe der Originalbilder (komplettes RGB-Farbbild mit 15MByte und Grauwertbild
mit immerhin noch 5MByte) werden hier nur relativ "kleine" Ausschnitte von etwa 1600x1200
gezeigt. Der nicht gezeigte Randbereich hat jedoch die gleiche Qualität, wenn ein gutes
verzeichnungsfreies Objektiv benutzt wird. Außerdem wurde eine Komprimierung mit dem
JPEG-Verfahren vorgenommen, die eine geringfügige, jedoch meßbare Degradierung der Bilder
hervorruft.
Bild 1a: Linienbild zum Test der 5 Megapixelauflösung, als Ausschnitt mit 1600x700 Pixeln
(Speichern Sie das Bild und untersuchen Sie die feinsten Linienabstände mit Ihrem bevorzugtem
Bildeditor. Hierzu sind im linken oberen Bildteil Linienanzahlen angegeben)
(Achtung: ungleichmäßige Beleuchtung durch die verwendete einfache IR-Lampe...)
Bild 2: Pantone Farbtafel, als Farbbild bei normalem Halogenlicht aufgenommen (man beachte die deutlich
geringere Auflösung im Vergleich zum Grauwertbild)
Bild 3: Pantone Farbtafel, als Grauwertbild bei Infrarotlicht aufgenommen: Man beachte,
daß manche Farbwerte im Infrarot-Licht nicht vom Hintergrund zu unterscheiden sind.
Die Reflektivität ist im IR völlig anders als bei Tageslicht!
(zur Beleuchtung wurde eine 48W IR-Lampe @880nm aus der Sicherheitstechnik benutzt)