Update: 08/17/2004


SVS282 - Eine 5 Megapixel Farbkamera zur Aufnahme hochauflösender Grauwertbilder

Mit einer Auflösung von 2580x1944 Pixeln ist die SVS282 der Firma SVS-Vistek eine der höchstauflösenden Farbkameras auf dem Markt. Die maximale Bildrate beträgt 5 Vollbilder/Sekunde. Da die Kamera im Interlaced-Modus arbeitet, kann man auch wahlweise bei halber vertikaler Auflösung von 2580x972 Pixeln mit 10 Bildern/Sekunde arbeiten. Flächenkameras vergleichbarer Auflösung für den Grauwert-Meßtechnikbereich sind normalerweise in einem wesentlich höheren Preisbereich angesiedelt. Ziel der vorliegenden Studie war daher, herauszufinden, ob die SVS282 für die Aufnahme von Grauwertbildern bei voller Auflösung geeignet ist. Der in der SVS282 eingebaute Sensor ist ein Sony ICX282 CCD-Sensor mit einem sogenannten Bayer-Mosaik-Filter. Hierbei wird jeder einzelne Bildpunkt über einen speziellen aufgesetzten Farbfilter einer Spektralgrundfarbe (Rot, Grün, Blau) zugeordnet. Die Verteilung der Filter ist ein wenig dem menschlichen Sehsystem angepaßt, d. h. man erhält eine höhere Auflösung im grünen Spektralbereich und eine niedrige im Rot- und Blaubereich:

RGRGRGRGRGRGRGRG...
GBGBGBGBGBGBGBGB...
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...

Das resultierende Farbbild wird dann normalerweise über eine Interpolation erstellt, d. h. für jeden einzel Pixel werden die fehlenden Farbanteile durch eine Interpolation der jeweiligen Nachbarpixel zusammengefügt. Die endgültige Auflösung des resultierenden Farbbildes hängt stark von den verwendeten Interpolationsverfahren ab, kann aber in der Regel kaum besser sein als die halbe Pixelauflösung des Bildsensors. Bei den vorhandenen 5 Millionen Pixeln erhält man also ein Bild mit einer Auflösung von etwa 2.5 Millionen, bestenfalls 3 Millionen Pixeln, immerhin ein sehr ordentlicher Wert. Bestimmte Eigenschaften des Mosaik-Farbfilters lassen nun den Schluß zu, daß unter bestimmten Bedingungen Grauwertbilder mit voller Auflösung von 5 Millionen Pixel erzeugt werden können:

1. Rekonstruktion des Grauwertbildes bei monochromen Bildszenen

Wenn monochrome Bildszenen oder besser reine Grauwertszenen untersucht werden sollen und wenn eine geeignete ebenfalls monochrome Lichtquelle oder wahlweise eine Lichtquelle mit gleichmäßiger spektraler Verteilung (z. B. Tageslicht) zur Verfügung steht, so kann der Einfluß der einzelnen Pixel-Farbfilter als linearer Filtervorgang angesehen werden, der mittels Offset-Verschiebung und Verstärkungsrekonstruktion rückgängig gemacht werden kann. In der Studie haben sich dabei folgende Werte für Offset und Gain (Verstärkung) als geeignet erwiesen:

Rot: Gain = 1.0 Offset = 0
Grün: Gain = 1.26 Offset = 0 (Alle Werte für reine Grauwertszenen und Tageslicht)
Blau: Gain = 2.4 Offset = 0

Wenn alle Bildpunkte mit diesen Verstärkungsfaktoren multipliziert werden, so entsteht ein Grauwertbild mit voller Auflösung, in dem man das Bayer-Mosaik nicht mehr erkennen kann. Man könnte wohl einwenden, daß bei allen blau gefilterten Pixeln bei einer Verstärkung von 2.4 das immer vorhandene Bildrauschen überproportional mitverstärkt würde. Bei guter Beleuchtung kann dieses Problem jedoch in der Regel vernachlässigt werden. Der Nachteil dieser Methode ist sofort zu sehen, wenn verschiedenfarbige Flächen ins Bild kommen: hier ist die Filterwirkung in Verbindung mit der spektralen Ausleuchtung nicht mehr linear und es lassen sich keine eindeutigen Rekonstruktionsfaktoren mehr definieren.

2. Umgehung der Bayer-Mosaik-Filter durch Infrarotlichtquelle

Wenn eine starke Infrarotlichtquelle für den nahen Infrarotbereich, z. B. 800 bis 1200 nm, zur Verfügung steht, dann kann man mittels eines IR-Durchlaßfilters auf dem Kameraobjektiv den kompletten sichtbaren Lichtspektralbereich wegfiltern. Der CCD-Sensor hat im infraroten Bereich eine sehr gute Empfindlichkeit, sodaß dieser Bereich sehr gut zur Bildaufnahme geeignet ist. Zur Filterung kann etwa der IR-Filter von Kodak Nr. 87C oder der B+W Filter 93 benutzt werden. Empfohlen, jedoch nicht getestet sind auch die Filter Schott KG3 oder B+W 489. Die auf den einzelnen Bildpunkten des CCD-Sensors aufgebrachten Farbfilter öffnen nun im infraroten Bereich beinahe wieder vollständig, d. h. ihre Wirkung ist hier praktisch nicht mehr vorhanden. Im nahen infraroten Bereich verhält sich die Kamera also wie eine Grauwertkamera mit 5 Millionen Pixeln! Das ganze funktioniert sogar für farbige Bildszenen. Hier muß man jedoch beachten, daß unterschiedliche Farben und Helligkeiten im nahen Infrarot sehr unterschiedlich reflektieren. Unterschiedliche Farbflächen, die bei normalem Licht mit einer S/W-Kamera die gleiche Helligkeit hatten, weisen im Infraroten möglicherweise völlig unterschiedliche Grauwerte auf. Dunkelgrüne Pflanzenblätter können sehr starke Reflektoren von infrarotem Licht sein und erscheinen im Bild sehr hell. Dieses Phänomen darf man jedoch nicht mit der Eigenschaft eines Wärmebildes verwechseln, das weit jenseits des nahen Infrarotbereiches abgestrahlte Wärmestrahlung aufnimmt. Mittels einer Kalibrierung, die mit Hilfe von Grauwert- oder Farbtestkarten durchgeführt wird, sollte jedoch trotzdem eine quantitative Auswertung möglich sein. Da die Wirkung der Mosaikfilter nicht vollständig aufgehoben ist, muß man die einzelnen Farbpixel jedoch trotzdem mit kleinen Korrekturfaktoren multiplizieren. Diese sind für die bei der Studie vorhandenen Optik und Beleuchtung folgendermaßen definiert (Es kann sinnvoll sein, mit der jeweils benutzten Kamera einige Tests durchzufuehren, um die optimalen Werte zu finden):

Rot: Gain = 1.0
Grün: Gain = 1.06 (Werte gelten für eine sehr breitbandige Licht/Wärmequelle von ca 0.5 bis 15um)
Blau: Gain = 1.0

Ergebnis der Untersuchung



Bild 1: Linienbild zum Test der 5 Megapixelauflösung, hier ein um den Faktor 2 vergrößerter Ausschnitt

Für Bild 1 ist ein Schwarz/Weiß-Linientestbild mit unterschiedlicher Linienfrequenz aufgenommen worden und zur deutlicheren Darstellung um den Faktor 2 vergrößert worden. Auf der rechten Seite des Bildes sieht man drei Streifen mit feinen Linien. Die höchste vorkommende Ortsfrequenz (linker Streifen) entspricht dabei ziemlich genau der horizontalen Bildauflösung, d. h. ein Pixel ist hell, der nächste dunkel, der nächste wieder hell, usw. Dies ist die absolut höchste Frequenz, die mit einer digitalen Kamera aufgenommen werden kann. Tatsächlich darf diese Ortsfrequenz niemals verwendet werden: wenn man das Bild nur um einen halben Pixel verschiebt, werden alle Pixel ein mittleres Grau aufweisen und keinerlei Linenmuster ist mehr sichtbar. Hier greift das Nyquist- oder Shannon-Abtastkriterium. Es besagt, daß die höchste im Bild vorkommende Hell-Dunkel-Frequenz höchstens der halben Abtastfrequenz entsprechen darf. Andernfalls kann tatsächlich völliger Unsinn entstehen und man sieht wichtige Bildstrukturen entweder nicht mehr oder man sieht sogar Strukturen, die überhaupt nicht vorhanden sind (Moiré Muster). An dem extremen Beispiel kann jedoch - natürlich erst nach entsprechender Vergrößerung des Bildes - sehr deutlich gesehen werden, daß die Kamera tatsächlich in der Lage ist, die Linien mit höchster Ortsfrequenz noch darzustellen. Damit liegt die Grenzauflösung für Grauwertbilder bei Infrarotbeleuchtung und IR-Durchgangsfilter tatsächlich bei der internen Sensorauflösung von 2580x1944 Bildpunkten! Es ist hierbei zusätzlich zu beachten, daß bei diesen hohen Auflösungen extrem gute Optiken verwendet werden müssen. Man bedenke: über eine Sensorbreite von weniger als 9mm erhält man 2580 Bildunkte. Das wären auf Kleinbildgröße mit 36mm Breite umgerechnet sogar 10600 Bildpunkte, ein phantastischer Wert, den kein normaler Kleinbildfilm mehr hergibt und für den daher auch kein Kleinbildobjektiv mehr ausgelegt wird! Und übliche Videoobjektive schon gar nicht... Dieser Wert entspricht 294 Punkten/mm oder dem in der Filmindustrie üblicheren Maß von 147 Linienpaaren/mm. Gute Kleinbildobjektive können gerade einmal 100 Paare/mm auflösen. Für die Studie wurde ein sicherlich sehr gutes 50mm Olympus Zuiko-Makroobjektiv verwendet. Trotzdem ist es für diese Aufgabe deutlich überfordert. Damit kann der recht mäßige Kontrast zwischen dunklen und hellen Linien im Testbild erklärt werden. Erst bei wesentlich breiteren Linien im Bild steigt der Kontrast dann wie erwartet deutlich an. In Bild 1a ist mit 1600x700 Pixeln ein wesentlich größerer Ausschnitt des Bildes zu sehen.

Zum Abschluß soll nun in den Bildern 2 und 3 eine Pantone-Farbtafel gezeigt werden, mit der das seltsame Reflektionsverhalten von Farbflächen im Infrarotbereich dargestellt ist: Bild 2 ist das mit der SVS282 bei normalem Halogenlicht aufgenommene Originalfarbbild, Bild 3 das im Infrarotlicht mit IR-Durchgangsfilter aufgenommene Grauwertbild. Zuerst fällt im Grauwertbild die wesentlich höhere Auflösung auf: im Gegensatz zum Farbbild mußte hier ja nicht interpoliert werden. Als nächstes sieht man die sehr unterschiedlichen Grauwerte der Farbflächen, die absolut nicht mehr auf Farbe oder Farbhelligkeit schließen lassen. Wie bereits erwähnt kann dies in vielen Fällen über bestimmte Farbtabellen kompensiert werden. Am sinnvollsten ist diese Methode jedoch anzuwenden, wenn lediglich Helligkeitsunterschiede des jeweils gleichen Farbtones vermessen werden sollen.

Wegen der Größe der Originalbilder (komplettes RGB-Farbbild mit 15MByte und Grauwertbild mit immerhin noch 5MByte) werden hier nur relativ "kleine" Ausschnitte von etwa 1600x1200 gezeigt. Der nicht gezeigte Randbereich hat jedoch die gleiche Qualität, wenn ein gutes verzeichnungsfreies Objektiv benutzt wird. Außerdem wurde eine Komprimierung mit dem JPEG-Verfahren vorgenommen, die eine geringfügige, jedoch meßbare Degradierung der Bilder hervorruft.



Bild 1a: Linienbild zum Test der 5 Megapixelauflösung, als Ausschnitt mit 1600x700 Pixeln (Speichern Sie das Bild und untersuchen Sie die feinsten Linienabstände mit Ihrem bevorzugtem Bildeditor. Hierzu sind im linken oberen Bildteil Linienanzahlen angegeben) (Achtung: ungleichmäßige Beleuchtung durch die verwendete einfache IR-Lampe...)



Bild 2: Pantone Farbtafel, als Farbbild bei normalem Halogenlicht aufgenommen (man beachte die deutlich geringere Auflösung im Vergleich zum Grauwertbild)



Bild 3: Pantone Farbtafel, als Grauwertbild bei Infrarotlicht aufgenommen: Man beachte, daß manche Farbwerte im Infrarot-Licht nicht vom Hintergrund zu unterscheiden sind. Die Reflektivität ist im IR völlig anders als bei Tageslicht! (zur Beleuchtung wurde eine 48W IR-Lampe @880nm aus der Sicherheitstechnik benutzt)



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